Wednesday, November 09, 2005

Deutschland, einig-provinzielles Vaterland

Fangen wir mit dem Positiven an. Die designierte deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat ein Talent dafür, sich gute Fachleute zu holen, wenn sie entweder auf dem Gebiet keine Ahnung hat oder einen Coup landen möchte. So hat sie Horst Köhler als CDU-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten aus dem Hut gezaubert und sich jetzt der Dienste von Christoph Heusgen versichert.
Beide Personalien haben einen entscheidenden Nachteil: Deutschland verliert (im Falle Köhlers ist das bereits geschehen) einflussreiche Posten. Köhler war einer einflussreichsten Menschen im Geldgeschäft auf der ganzen Welt. Einen Deutschen auf einen ähnlichen Posten zu bringen wird sehr lange dauern. Heusgen war bislang mehr ein Mensche hinter den Kulissen, was als Diplomat aber nicht schlecht ist. Als Berater und Vertrauter von Javier Solana, dem EU-Chefaußenpolitiker, hat er die auswärtige Politik der Europäischen Union maßgeblich beeinflusst. Als Berater von Merkel kann er das nicht mehr tun.
Die Denkweise hinter Merkels Berufungen ist ärgerlich und schädlich für die Bundesrepublik. Noch immer gelten Posten außerhalb des Landes in europäischen oder internationalen Institutionen weniger als ein Posten in der Heimat. Dabei sollten im Gegenteil die Posten bei wichtigen Organisationen und Einrichtungen mehr zählen als Funktionen in Deutschland. Schließlich bestimmen sie vielmehr den Einfluss und das Ansehen eines Landes. Provinzialismus geht vor Weltläufigkeit. Demnächst wird noch Klaus Töpfer heimgeholt.